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#Spotlight: Armello – Königsmord aus Leidenschaft, oder wie ich zur Aufständischen wurde

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Der Sommer ist fast vorbei und ich habe mich kaum gerührt? Nunja, zurzeit stecke ich ja auch im kunterbunten Königreich Armello fest und versuche täglich, den verseuchten König seines Amtes zu entheben. Warum das verdammt viel Spaß macht? Das verrate ich euch hier.

Ich besitze Armello schon eine ganze Weile. Als sich das digitale Brettspiel in seiner Early Access Phase befand, wurde ich das erste Mal auf es aufmerksam, als ich mich in einer schlaflosen Nacht im Steam-Shop abzulenken versuchte. Es war ein – für mich berühmter – Kauf „aus dem Bauch heraus“ und wurde bald zu meinem besten, abendlichen Gefährten. Und doch hatte ich anfangs so meine Schwierigkeiten, die unterschiedlichen Regeln, Charaktere und Karten zu verstehen, die während einer Spielrunde auf mich einprasselten. Als es dann plötzlich zur Gewohnheit wurde, zu verlieren, ohne zu wissen, was ich hätte besser machen können, legte ich das Spiel recht bald wieder zur Seite.

Mittlerweile befindet sich das digitale Brettspiel auf dem Weg zum großen „Armello 2.0“ Patch und bringt seit Anfang diesen Jahres zu diesem Zweck jeden Monat neue Updates heraus, die neue Karten, Würfelskins, Story-Comics und Balancing-Verbesserungen ins Spiel implementieren. Wer Armello so wie ich schon vor einiger Zeit ad acta gelegt hat, dem würde ich ans Herz legen, gerade jetzt einen erneuten Zugang zum Spiel zu versuchen, denn mit den Neuerungen, den neuen unterschiedlichen Helden und dem Levelsystem bekommt es gerade in seiner aktuellen Phase des Umschwungs einen ganz eigenen Reiz.

Wer Armello bis dato noch nicht kannte, dem möchte ich im Folgenden einen kurzen Überblick über die Spielmechaniken zu verschaffen.


Der König ist tot, lang lebe der König

Der König von Armello leidet unter einer dunklen Seuche – auch genannt „The Rot“ -, die den dereinst sanftmütigen und gutherzigen alten Löwen in ein boshaftes, gnadenloses Biest verwandelt hat. Unsere Aufgabe ist es nun, unseren Helden dabei zu assistieren, die Regentschaft den alten Königs auf die ein oder andere Weise zu beenden. Insgesamt gibt es 4 Wege, auf die der tattrige Löwe seines Amtes enthoben werden kann:

  1. Königsmörder-Sieg: Der König wird im Kampf besiegt
  2. Seuche-Sieg: Der König wird von jemandem im Kampf besiegt, der noch verrotteter ist als er selbst
  3. Geist-Sieg: Der König wird durch den Einsatz von insgesamt 4 Geistersteinen geläutert
  4. Ansehen-Sieg: Der König wird nach seinem Ableben von demjenigen Spieler ersetzt, der im Reich am meisten Ansehen genießt.

Da der König mit jedem neuen Tag an Lebenspunkten verliert, wird er unweigerlich nach Ablauf etwa 10 Runden automatisch ins Gras beißen. Der am einfachsten zu erlangende Sieg ist daher der Ansehen-Sieg – Ansehen bekommt man über verschiedene Wege während des Spielverlaufs und muss den König dabei nicht ein einziges Mal gegenübertreten. Wenn keiner es schafft, rechtzeitig in den Palast einzudringen, gewinnt zumindest derjenige Spieler mit dem meisten Ansehen.

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© League of Geeks


Die Basics

Jeder Held besitzt ein eigenes Charakterblatt mit den für ihn individuell fix gestalteten Werten: Angriff, Leben, Verstand und Geist. Während die ersten beiden Werte selbsterklärend sind, gibt der Wert „Verstand“ an, wie viele Karten der Held maximal auf der Hand halten kann, während „Geist“ bedeutet, wie viele Magiepunkte der Held maximal besitzen kann. Jede Runde zieht der Spieler Handkarten nach, bis die Zahl erreicht ist, die sein Held an Verstand besitzt, und erhält so viele Magiepunkte, bis die Zahl erreicht ist, die er an Geist besitzt. Zusätzlich zu den Magiepunkten besitzt ein Held noch drei weitere Ressourcen: Gold, Ansehen und Seuche. Dazu später mehr.

Es gibt drei unterschiedliche Arten von Handkarten, aus denen der Spieler jede Runde wählen kann: Ausrüstungskarten, Magiekarten und Trickkarten. Ausrüstungskarten kosten in der Regel Gold, wenn man sie ausspielen möchte, und lassen sich permanent ausrüsten. Dadurch verleihen sie dem Helden unterschiedliche Boni, die seinen Kampf, seine Bewegung auf der Karte oder seine Ressourcen betreffen können. Magiekarten kosten (logischerweise) Magiepunkte, wenn man sie spielen möchte, und können Schaden verursachen, heilen, Geistersteine beschwören u.v.m. – Trickkarten kosten dagegen ebenfalls Gold und lassen ein Gefahrenfeld auf einer Kachel erscheinen, verursachen Schaden, führen zu einem permanenten Bündnis zwischen zwei Spielern u.v.m.

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© League of Geeks

Die Spieler bewegen sich rundenweise nacheinander über das gekachelte Spielbrett, indem sie für ihre Bewegung Aktionspunkte ausgeben. Jeder Held startet mit 3 Aktionspunkten und kann damit etwa 3 Felder zurück legen. Es gibt unterschiedliche Typen von Feldern: Wälder gewähren in der Nacht Verborgenheit, Sümpfe verursachen Schaden beim Hindurchgehen, Städte gewähren ein Gold die Runde für denjenigen, der sie zuletzt betreten hat, Verliese haben einen zufälligen positiven (oder negativen) Effekt, Berge kosten zwei Aktionspunkte beim Hindurchgehen und auf Ebenen passiert rein gar nichts.

Eine Runde teilt sich in zwei Phasen: die Tag- und die Nacht-Phase, die beide jeweils unterschiedliche Auswirkungen auf das Spielbrett haben. Während der König nachts einen Fäulepunkt erhält, verliert er tagsüber einen Lebenspunkt, bis er irgendwann tot umfällt. Außerdem beschwört er nachts sogenannte „Flüche“, die aus den Verliesen emporsteigen und Helden und Siedlungen gleichermaßen terrorisieren. Das Töten von Flüchen bringt Ansehenspunkte. Tagsüber lässt der König ein neues Gesetz vom Ansehensführenden verabschieden und schickt seine Königswachen auf die Jagd nach Kopfgeldern und Flüchen.

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© League of Geeks


Die Würfel entscheiden

Will ein Held ein Feld betreten, auf dem ein anderer Held (oder ein Fluch bzw. eine Königswache) steht, wird ein Kampf ausgelöst. Die Kämpfe funktionieren recht simpel: Das Ergebnis wird gewürfelt. Die Anzahl der Würfel, die jeder Held bekommt, entscheidet sich nach der Höhe ihres Angriffswerts plus/minus diverser Boni und Mali. Die Würfel haben keine Augen, sondern bestimmte Symbole wie Schwert, Schild, Sonne, Mond, Fäule und Baum, die jeweils einen anderen Effekt auslösen. Gewürfelte Schwerter stehen für die Angriffe, die ein Held tätigt, Schilde für die Angriffe, die er blocken kann, Sonne und Mond geben je nach Clan-Feature und Tageszeit zusätzliche Angriffe hinzu. Fäule gibt dagegen nur Boni für bereits verseuchte Helden (5 Fäule oder mehr). Der Baum ist das wohl wertvollste Würfelergebnis: Er „explodiert“ und beschwört einen zusätzlichen Bonuswürfel – gilt dabei selbst als erfolgreicher Angriff.

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© League of Geeks

Nach einem ähnlichen Prinzip funktionieren auch die Gefahren, die die Spieler und der König über das Spielbrett hinweg verteilen: Ihr müsst die abgebildeten Symbole erwürfeln, um die Gefahr abzuwehren, ansonsten werdet ihr Opfer eines negativen Effekts. Blöderweise ist das in der Regel gar nicht so einfach.


Was Armello ausmacht

Das alles klingt komplizierter, als es tatsächlich ist – Die Mechaniken werden über das Tutorial (bzw. den Prolog) gut vermittelt und spielen sich schnell ein, wenn man sich genauer mit ihnen befasst. Und doch gibt es auch noch ein paar zusätzliche Mechaniken und Kniffe, die das Gameplay des digitalen Brettspiels zu einer steten, strategischen Herausforderung machen, sich allerdings erst mit etwas mehr Erfahrung wirklich verstehen und umsetzen lassen. Das eigentlich Spannende ist dabei natürlich die Glückskomponente des Spiels, die sich in den zufälligen Karten (alle Spieler ziehen ihre Karten aus dem selben Deck) und den Würfelergebnissen manifestiert. Auch wenn sich diese in gewisser Weise lenken lassen; man kann beispielsweise Handkarten verbrennen, um bestimmte Würfelergebnisse zu forcieren.

Zusätzlich verfügt jeder Held über individuelle Eigenschaften, die das Gameplay auf die ein oder andere Weise beeinflussen. Während die Bärin Sana beispielsweise im Kampf gegen verseuchte Kreaturen ihre Magiepunkte als Würfel statt ihres Angriffs erhält, hat die Häsin Amber bessere Chancen auf gute Items aus den Verliesen. Es macht Spaß, die unterschiedlichen Charaktere und ihre Strategien nacheinander zu testen. Das Karten- und Würfelglück führt zusätzlich dazu, dass sich die Gewinnstrategie hinsichtlich der vier möglichen Siege immer mal wieder ändert, und der Zufallsfaktor Mensch wiegt im Multiplayermodus natürlich noch mal doppelt. Obwohl sich die Map, auf der gespielt wird, von Spiel zu Spiel optisch nicht groß ändert (die Kacheltypen werden natürlich durchgemischt), hat man immer das Gefühl, mit jeder neuen Runde in ein frisches Erlebnis zu starten.

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© League of Geeks

Eine wunderschöne Optik, ein ausgeklügeltes Gameplay, eine angenehme Community und ein sich stets wandelndes Spielerlebnis ergeben zusammen ein wunderbares digitales Brettspiel, das eindeutig mehr Aufmerksamkeit verdient hat, als es bekommt. Das Indie-Studio League of Geeks arbeitet auf Hochtouren daran, in naher Zukunft noch mehr Online-Spielmodi zu implementieren – und schon jetzt gibt es wöchtentliche Events, deren Regeln sich (ähnlich wie beim Hearthstone Kartenchaos) immer wieder ändern.

Wenn ihr euch also das nächste Mal fragt, wo ich abgeblieben bin, dann sucht in Armello nach mir. Meine Bestimmung ist es nämlich, die Königsmörderin zu werden und den bösen König seiner gerechten Strafe zuzuführen.

Mein Name ist Scarlet.

Scarlet, der König der Banditen.

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