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[Review] Ni no Kuni II: Schicksal eines Königreichs – Ein bezauberndes Abenteuer

Als der erste Teil Ni no Kuni seine erste Ankündigung erhielt und der Name „Studio Ghibli“ fiel, war ich absolut hin und weg. Das Spiel entpuppte sich dann auch nach Erscheinen als eine Perle des Rollenspiel-Genres auf der PlayStation 3 und war für mich der ausschlaggebende Grund, mir eine eigene Konsole zu besorgen. Ni no Kuni II: Schicksal eines Königreichs steht nun zwar nicht mehr unter dem Banner des japanischen Anime Studios Ghibli, macht aber mindestens genauso viel her – und viele Dinge sogar noch besser als sein Vorgänger.


Ni no Kuni II: Schicksal eines Königreichs

Genre: Rollenspiel, JRPG
Plattform: PlayStation 4, PC (Steam)
Erscheinungsdatum: 23. März 2018
Entwickler: LEVEL-5
Publisher: Bandai Namco Entertainment
Sprache: Deutsch u.A. [Schrift, Sprache] – Japanischer O-Ton empfohlen!
Preis: 59,99€

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Ein Königreich für den Frieden

Die ersten paar Minuten von Ni no Kuni II: Schicksal eines Königreichs sind überraschend schwer verdaulich: Wir beobachten einen älteren Herren mit dunklem Haar, der von seinem Chauffeur zu einem Meeting in die Großstadt gebracht werden soll. Einen Augenblick später müssen wir beobachten, wie eine Atombombe über der Skyline abgeworfen wird und die gesamte Stadt vernichtet. Der Mann, der sich später als Präsident des Landes herausstellt, verunglückt an Ort und Stelle und wird plötzlich in ein helles Licht getaucht und löst sich kurz darauf in Luft auf. Bamm. Was für ein Anfang. Auch wenn weder Blut noch Tod zu sehen sind und es ’nur‘ die Gebäude der Stadt sind, die von der Detonation zerrissen werden, fühlt man sich absolut unwohl bei dem Anblick, der zu Staub zergehenden und aus dem Leben wegrationalisierten Beton-Klötze. Schließlich weiß man ganz genau, dass diese Darstellung bloß stellvertretend für jedes Lebewesen, egal ob Mensch, Tier oder Pflanze steht, das in dieser Stadt gewohnt hat. Trotz der einfachen grafischen Darstellung fühlt man sich definitiv an Hiroshima und Nagasaki erinnert – und eine Gänsehaut bleibt nicht aus. Inwieweit ich den Anfang für Kinder geeignet halte, weiß ich nicht so recht: Die Darstellung bleibt zwar inexplizit, ist aber trotzdem sehr erschütternd.

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© LEVEL-5, Bandai Namco Entertainment

Welche ‚Gründe‘ oder Auswirkungen der Atombomben-Angriff auf die unbekannte Stadt hat, erfahren wir zunächst nicht – stattdessen erwachen wir gemeinsam mit Roland, dem verunglückten Präsidenten, in einer seltsam bunten, fremdartigen Welt und stellen fest, dass unser Protagonist plötzlich um knapp 20 Jahre verjüngt zu sein scheint. Nach dem Unglück in seiner Welt, die unserer sehr ähnlich ist, scheint ihn irgendetwas oder irgendjemand in eine andere Welt gebracht zu haben, die wir, wenn wir den ersten Teil gespielt haben, noch liebevoll unter dem Namen „Ni no Kuni“ (jap. für „Zweites Land“) kennen. Kurz verwundert darüber, wo er ist und warum er dort ist – und vor allem darüber, warum er plötzlich so viel jünger aussieht – lernt Roland schnell, sich an die Lebensweisen in Ni no Kuni zu gewöhnen. So befindet er sich, als er zu sich kommt, im Schlafgemach des jungen Prinzen Evan von Katzbuckel, einem kleinen blonden Jungen mit Katzenohren und -schweif, der ganz schön in der Klemme steckt. Sein Vater, der rechtmäßige König von Katzbuckel, starb vor kurzer Zeit und die Zeremonie, mit der Evan den Platz seines Vaters auf dem Thron einnehmen soll, steht kurz bevor – doch es kommt zu einem gewaltsamen Putsch von Seiten des Mäusevolks unter dem Befehl ihres Anführers Ratoleon und Evan muss fliehen.

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© LEVEL-5, Bandai Namco Entertainment

Roland, der in seiner Welt mehr als genug Erfahrungen in der Politik sammeln konnte, zögert nicht lange, dem jungen Prinzen zu helfen und ihn unbeschadet aus der Stadt zu führen, während das Mäusevolk, das unter der Herrschaft der Miez zu leiden hatte, die Herrschaft über die Stadt Katzbuckel an sich nimmt. Erschüttert über den Verrat, der durch die Tatsache, dass Ratoleon für die Vergiftung seines Vaters verantwortlich ist, noch schmerzhafter ist, schwört Evan auf das Wort seiner Gouvernante Mina, dass er ein Königreich erschaffen will, in dem jeder Einzelne in Frieden und Glück leben kann. Kein Streit, kein Hass, keine Diskriminierung, kein Krieg – Evans Ziel ist es, eine formvollendete Utopie zu schaffen, die für jeden lebenswert ist. Statt also der Frage nachzugehen, weshalb er überhaupt erst in Ni no Kuni gelandet ist und eine Antwort darauf zu suchen, wie er wieder nach hause kommt, entscheidet sich Roland dazu, Prinz – Verzeihung, König – Evan dabei zu unterstützen, seinen Traum wahr zu machen und ein eigenes Königreich zu gründen: Minapolis. Doch dazu müssen sie nicht nur die Gunst eines Wächters gewinnen, um Evans Legitimation zu stützen, sie müssen auch alle anderen Königreiche und deren Herrscher und Herrscherinnen überzeugen, sich ihnen anzuschließen und mit Aldavans Pakt einen Friedensvertrag zu schließen. Dass das alles nicht so leicht ist wie Evan sich das vorstellt, wird schon sehr bald klar. Denn der böse Magier Hamnar hat seine Finger im Spiel und korrumpiert nach und nach die Seelen der guten Könige von Ni no Kuni…

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© LEVEL-5, Bandai Namco Entertainment

Die Geschichte, die Ni no Kuni II: Schicksal eines Königreichs erzählt ist ähnlich aufgebaut wie die des ersten Teils: Wir besuchen nach und nach die unterschiedlichsten Städte, lernen die Könige, Kulturen und Bewohner kennen und befreien wichtige Personen vom Einfluss böser Magie. Die Charaktere sind unglaublich liebenswürdig und sympathisch und ich hatte während des Spielens die ganze Zeit das Gefühl, mich in der Welt, die mir präsentiert wird, pudelwohl zu fühlen. So ganz erreichen konnte mich die Story jedoch nicht – zumindest nicht im Vergleich zu seinem Vorgänger, der mich gleich in den ersten Spielstunden mehrmals unkontrolliert in Tränen ausbrechen ließ. Bei Ni no Kuni II hatte ich das Gefühl, dass man sich manchmal zu sehr an das Rezept halten wollte, das beim ersten Ni no Kuni ja so gut funktioniert hat: Der kindliche Held mit dem erwachsenen Freund und Helfer, der die Herzen der Bewohner im Sturm erobert und an dem kein krummes Haar wächst.

Am schmerzlichsten war für mich der Versuch, Tröpfchen, die „gute Fee“ aus dem ersten Teil, durch den kleinen Wächter Remmi zu ersetzen, der meiner Meinung nach keinen wirklichen Charakter besitzt, kaum mit der Gruppe interagiert, und wenn er denn mal etwas sagt, so schrecklich nervig ist, dass man ihn am liebsten in den Äther zurückschleudern möchte, aus dem er gekommen ist. Während Tröpfchen ein grober, herrlicher, ungeschliffener Charakter ist, der stellvertretend für den ganzen Plot des ersten Ni no Kuni stehen könnte, ist Remmi glatt poliert, ecken- und kanten-, ja sogar charakterlos und fühlt sich an wie eine billige, lieblose Kopie. Ganz so billig und lieblos ist der Plot von Ni no Kuni II nun nicht geraten, aber die Charaktere sind eben einfach nicht so tief und unrund, sie sind oft zu perfekt, zu moralisch, zu unantastbar – und die Story fühlt sich zeitweise etwas wiedergekäut an.


Von Kämpfen, Gnuffis und ihrer Magie

Es dauert ein paar Spielstunden, bis die Geschichte so weit in Fahrt gekommen ist, dass man nicht mehr das Gefühl hat, sich durch einsame Schlauchlevel zu kämpfen und auf vorgeschriebenen Pfaden zu bewegen. Hat man die ersten (ca.) acht Stunden erfolgreich hinter sich gebracht, öffnet sich dem Spieler eine Spielwelt, die er je nach Spielfortschritt eingeschränkt erkunden kann. Nach und nach kommen immer mehr Möglichkeiten wie Nebenquests, Schlachten, Traumräume und die Verwaltung des Königreichs dazu – und plötzlich gibt es abseits der recht linearen Story mehr als genug zu tun und zu sehen. Dazu jedoch später mehr.

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© LEVEL-5, Bandai Namco Entertainment

Einen großen Anteil des Spiels nehmen die actionreichen Echtzeit-Kämpfe ein, die nach typischer Rollenspiel-Manier funktionieren: In einem Team aus maximal drei Helden (neben Roland und Evan kommen noch ein paar andere Charaktere dazu, die alle frei untereinander austauschbar sind) kämpfen wir gegen eine Gruppe von sich oft wiederholenden Arten von Gegnern, indem wir leichte oder schwere Schläge gegen sie ausführen, aus der Ferne angreifen, Angriffe blocken oder ausweichen und hin und wieder Magie einsetzen, um größeren Schaden zuzufügen. Eine Besonderheit macht das Kampfsystem besonders spannend: Jeder Charakter kann drei Nahkampfwaffen gleichzeitig ausrüsten, zwischen denen er frei rotieren kann. Jede dieser Waffen dieser Waffen besitzt eine gewisse Aufladung, die sich mit jedem Nahkampfangriff erhöht, bis die 100% erreicht sind. Führen wir mit einer voll aufgeladenen Nahkampfwaffe einen Magieangriff aus, ist dieser nicht nur stärker, es wird auch der Sekundär-Effekt der magischen Fähigkeit getriggert, sofern diese eine solche besitzt. Danach wird die Aufladung der Waffe wieder auf null gesetzt (je nach Einstellung) und durch eine der anderen ausgerüsteten Waffen mit höherer Aufladung ausgetauscht. Ausgerüstete, aber nicht aktive Waffen erhalten auch mit jedem Schlag ein paar Prozent an Aufladung hinzu.

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© LEVEL-5, Bandai Namco Entertainment

Im Verlauf der Geschichte bekommen wir, neben menschlichen Verbündeten, auch noch ein paar Helferlein, die uns innerhalb und außerhalb des Kampfes bei allerlei Dingen behilflich sind: die Gnuffis (oder Engl. „Higgledies“). Gnuffis sind kleine Elementar-Kobolde, die in einem magischen Kochtopf aus allerlei magischen Zutaten entstehen und alle ihre eigenen Fähigkeiten besitzen. Im Spiel lassen sich insgesamt 100 Gnuffis finden, rekrutieren oder selbst herstellen und unter Einsatz ihrer jeweils liebsten Gegenstände großziehen bzw. leveln. So besitzen Gnuffis innerhalb des Kampfes beispielsweise aktive, proaktive und passive Fähigkeiten sowie Fähigkeiten, die nur dann getriggert werden, wenn einer unserer Helden im Kampf „erwacht“. Dazu muss er oder sie eine goldene Kugel einsammeln, die ihn oder sie für kurze Zeit stärkt. Egal ob magische oder physische Resistenz verstärken, heilen, den Gegner schwächen oder selbst Schaden machen, die kleinen Gnuffis sind im Kampf äußerst hilfreich. Während sie viele Dinge von selbst ausführen, besitzt jede Gnuffieinheit eine proaktive Fähigkeit, die wir mit unserem Helden aktivieren müssen, indem wir uns in ihren Wirkungskreis stellen und die gewünschte Taste drücken, wenn wir sehen, dass sie bereit ist.

Jedes unserer Gnuffis rekrutiert im Verlauf des Kampfes kleine Gnuffi-Anhänger, die sozusagen als Ressource zu verstehen sind. Wir können einen magischen Angriff, neben der Aufladung unserer Waffe, nämlcih auch noch zusätzlich stärken, indem wir vorher Gnuffis absorbieren. Dafür halten wir die Taste für einen magischen Angriff so lange gedrückt, bis wir sehen, dass die Gnuffis zu uns geeilt kommen und wir sie absorbiert haben, um dann einen mächtigen Angriff zu entfesseln. Auf diese Weise lassen sich zusätzliche Effekte einer magischen Fähigkeit triggern – wie viele absorbierte Gnuffis dazu notwendig sind, lässt sich in der Beschreibung der Fähigkeit nachlesen. Aber keine Sorge, die kleinen Helflerlein sind dann nicht für immer verloren, sondern kommen mit der Zeit in den Kampf zurück.

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© LEVEL-5, Bandai Namco Entertainment

Alles in allem machen die Kämpfe in Ni no Kuni II: Schicksal eines Königreichs recht viel Spaß, bis auf ein paar wenige Bossmonster oder besonders starke Gegnergruppen (die selten sind), sind sie aber keine große Herausforderung. Meistens reicht es, wenn man die kleinen Monster mit Standardangriffen aus dem Weg schafft – und selbst dann dauert ein Kampf nicht lange genug, um Gnuffi-Fähigkeiten einzusetzen oder die Waffen ordentlich aufzuladen. Dies ändert sich zwar im Late-Game etwas, entschädigt aber nicht für die vorhergehenden 25 – 30 Stunden, die man sich gähnend durch zu einfache Mobgruppen schnetzelt. Da es auch keine Anpassungsmöglichkeiten für den Schwierigkeitsgrad gibt, kann die Herausforderung, die die Kämpfe bieten, schnell langweilen. Eine kleine Entschädigung bieten dennoch korrumpierte Monster, die von Haus aus stärker sind, oder Traumräume, die so etwas wie Dungeons darstellen, in denen der Herausforderungsgrad der Monster ansteigt, je länger man sich in ihnen befindet.


Vom Heerführer zum Stadtbaumeister

Haben wir die Grundlagen des Kampfes einmal verinnerlicht, stellt das vorankommen in der Story kein großes Hindernis mehr da. Nach ca. 12 Stunden Spielzeit ist es dann auch endlich soweit: Wir bekommen die Chance auf unser eigenes Königreich, unser eigenes Land, das wir selbst verwalten dürfen. Dazu müssen wir uns aber erst einmal durch die Horden von Banditen kämpfen, die uns die Melanzani-Ebene, auf der wir siedeln wollen, vor der Nase weggeschnappt haben. Um Schlachten wie diese zu schlagen, brauchen wir mehr als nur drei Helden und ein paar Gnuffis, wir brauchen eine Armee. Und sobald wir diese beisammen haben, beginnt auch schon ein spaßiges, abwechslungsreiches Event, bei dem wir als Evan unsere Truppen über die Karte steuern und uns – ähnlich zu Spielen wie Total War und Co. – am Waffen-Dreieck orientieren, um unsere Gegner möglichst verlustfrei auszuschalten.

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© LEVEL-5, Bandai Namco Entertainment

Wir können die Einheiten im oder gegen den Uhrzeigersinn um Evan herum steuern, antreiben, schneller zu marschieren oder härter zu kämpfen. Zusätzlich dazu besitzt jede Einheit, ähnlich wie die Gnuffis, ihre eigenen Fähigkeiten, sowohl passiv als auch aktiv, die zwischen Schild, Buff, Stun, Angriffs-Boost etc. rangieren und ein echter Gewinn für den Ausgang der Schlacht sind. Allerdings kostet der Einsatz von Fähigkeiten auch Ressourcen, von denen wir im Verlauf der Schlacht nur eine begrenzte Anzahl besitzen. Nur in seltenen Fällen finden wir Ressourcen auf der Karte oder die Gelegenheit, eine Basis zu bauen, die uns in regelmäßigen Abständen mit solchen beliefert. Es gilt also, gut mit dem zu haushalten, was wir besitzen. Nach und nach kämpfen wir uns also abschnittsweise durch die Karte, besiegen gegnerische Truppen, zerstören Verteidigungsanlagen oder Kanonen und bauen sie – mit Ressourcen – wieder zu unseren Gunsten auf. Hat der Gegner unsere Armee stark reduziert, können wir jederzeit Verstärkung rufen, doch auch dieser Befehl kostet Ressourcen.

Der Schlachten- Spielmodus macht wirklich überraschend viel Spaß und stellt den Spieler nochmal vor eine ganz andere Herausforderung als in den üblichen Kämpfen. Das Haushalten mit den Ressourcen ist knifflig, kann jedoch erleichtert werden, indem man vor dem Kampf zusätzliche Ressourcen oder andere Verstärkungen für seine Armee mit dem Gold einkauft, das man in seine Stadt vorher erwirtschaftet hat. Da es vergleichsweise wenige Schlachten gibt, sind die Schwierigkeitsunterschiede zwischen den einzelnen Schlachten zum Teil abstrus hoch, sodass man viele von ihnen häufiger spielen muss, um seine Einheiten auf ein bestimmtes Level zu bringen. Dadurch kann es vorkommen, dass man bereits zu leichte Level viel zu oft wiederholen muss, die eigentlich keine Herausforderung mehr darstellen. Dann fühlt sich die Schlacht eher an wie ein gut gemeinter Walking-Simulator, nicht aber wie eine ernstzunehmende, kriegerische Auseinandersetzung.

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© LEVEL-5, Bandai Namco Entertainment

Nach dem Abschluss unserer ersten Schlacht dürfen wir in der Melanzani-Ebene unsere Hauptstadt Minapolis gründen – und was danach folgt, ist ein echter Spaß! Mit den Einnahmen, die unsere Bewohner erwirtschaften, können wir nämlich immer mehr unterschiedliche Gebäude bauen, die uns im Spielverlauf nützlich sind: Egal ob Rüstungs- oder Waffenschmiede, Gnuffi- oder Magie-Labor, Kaserne, Restaurant oder eine Reihe passiver Gebäude, die uns wichtige Materialien zum Craften von Ausrüstung und Gnuffis liefern – auch nach mehrmaligem Aufwerten der Stadt scheint die Anzahl unterschiedlicher Gebäude kein Ende nehmen zu wollen. Dann müssen wir zusehen, dass wir unseren Bewohnern einen Platz in einem der Gebäude zuweisen, damit es überhaupt Schmiede gibt, die für uns Schmieden, oder Jäger und Holzfäller gibt, die für uns Felle und Holz besorgen. Bewohner erhalten wir übrigens durch die zahlreichen Nebenquests, die sich mit Erbauen unserer Hauptstadt im ganzen Land freischalten, und die meisten von ihnen sind individuelle Charaktere, denen wir zunächst auf die ein oder andere Weise helfen müssen, damit sie zu uns nach Minapolis ziehen. Es macht unglaublich viel Spaß, nach und nach unsere Bewohner persönlich anzuwerben und sie nach ihren ganz individuellen Präferenzen einer Arbeit zuzuweisen, die zu ihnen passt.

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© LEVEL-5, Bandai Namco Entertainment

Jeder Bewohner (oder auch „Talent“ genannt) besitzt einen eigenen Wert an Expertise in unterschiedlichen Bereichen. Viele von ihnen sind vor allem in einer einzigen Sache sehr begabt, können aber auch in anderen Bereichen einspringen, sollte ein Mangel herrschen. In manchen Gebäuden wie den Schmieden, dem Magielabor, der Kaserne etc. lassen sich Verbesserungen für unsere Helden, unsere Ausrüstung, unsere Gnuffis oder unsere Einheiten erforschen, die Forschung benötigt jedoch einen bestimmten Grad an Expertise und daher manchmal zwei, drei oder mehr Bewohner, damit überhaupt geforscht werden kann. Haben wir bestimmte Voraussetzungen erfüllt und genug Geld in Minapolis erwirtschaftet, können wir Gebäude sogar mehrmals aufwerten, um weitere Forschungen oder eine höhere Effizienz im Sammeln von Materialen freizuschalten. Will man gerade nicht in der Hauptgeschichte voranschreiten, kann man immer noch Stunden damit verbringen, Nebenquests zu machen, um Bewohner zu rekrutieren, und dabei immer wieder nach Minapolis zurückzukehren, um zu sehen, ob man neues Geld erwirtschaftet hat, ob sich Gebäude ausbauen lassen oder ob eine bestimmte Forschung schon abgeschlossen ist. Das Ganze erinnert an zahlreiche Städtebau-Simulationen, die man fürs Smartphone kennt, in denen man eine bestimmte Anzahl an Minuten oder Stunden auf eine Verbesserung warten muss. So ähnlich funktioniert die Verwaltung unserer Stadt ebenfalls, ist mindestens genauso süchtig machend, aber nicht halb so frustrierend – und es gibt keine Mikrotransaktionen!

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© LEVEL-5, Bandai Namco Entertainment


Fazit

Vor Release wurde Ni no Kuni II: Schicksal eines Königreichs zwei Mal verschoben, in beiden Fällen gaben die Entwickler an, sie wollten sich für den Feinschliff noch etwas mehr Zeit nehmen, damit die Spieler gleich zum Erscheinen ein einwandfreies Spielerlebnis erhielten. Ich kann nur sagen: Sie haben damit alles richtig gemacht. Ni no Kuni II: Schicksal eines Königreichs ist nicht nur ein technisch fast makelloses, absolut bugfreies Spiel geworden, es sieht außerdem fantastisch aus, hält mindestens 50 Stunden Spielzeit und eine Menge unterschiedlicher Aktivitäten und Aufgaben für seine Spieler bereit. Die Geschichte hätte etwas ausgefallener sein können, damit es sich nicht so anfühlt, als hätte man viele Inhalte des ersten Teils hier einfach wiedergekäut und die Charaktere hätten vielleicht etwas mehr Tiefe und ein paar mehr Ecken und Kanten, hin und wieder eine schlechte Eigenschaft verdient, aber alles in allem ist auch die Story mitreißend und spannend gelungen. Die Kämpfe machen viel Spaß, fühlen sich jedoch gerade in den ersten 15 bis 20 Stunden viel zu einfach an, sodass man nur selten in den Genuss kommt, alle Mechaniken, die das Spiel hergibt, bis in die Tiefe ausreizen zu können. Auch die Anzahl der unterschiedlichen Monster hätte größer ausfallen können. Abwechslungsreiche Spielmodi wie die Schlachten, die Traumräume, die Dungeons oder das Verwalten unserer eigenen Stadt machen Ni no Kuni II: Schicksal eines Königreichs jedoch zu einem fantastischen Erlebnis – man hat stets die unterschiedlichsten Aufgaben zu tun, fühlt sich nicht verloren und kommt auch nicht in die Situation zu langweilen, denn die nächsten Nebenquests oder der nächste Mini-Boss steht schon um die nächste Ecke. Klar gibt es eine Menge „Bring mir dies, töte jenes“-Quests, doch sie stehen in einem guten Verhältnis zu immer neuen Story basierten Quests, die dahingehend für Abwechslung sorgen. Für mich war Ni no Kuni II: Schicksal eines Königreichs ein absolut gelungener Nachfolger für das erste Ni no Kuni, der vieles besser macht, als sein Vorgänger, dafür aber manchmal auch in alten Gewohnheiten stecken bleibt. Ein wunderschönes Spiel!


Wertung: 89%

+ wunderschöne, fantasievolle, große Welt
+ schöne Helden-Geschichte
+ viele unterschiedliche Verbündete
+ spaßiges Kampfsystem
+ Gnuffis!
+ Schlachten-Spielmodus
+ Stadtverwaltung mit Suchtfaktor
+ zahlreiche Quests und Aufgaben
+ stimmungsvoller (aber recycelter!) Soundtrack
+ technisch absolut einwandfrei


– recycelte Story-Elemente
– recycelter Soundtrack
– Charaktere zu glatt und mit wenig Tiefe
– wenig Varianz unterschiedlicher Gegner
– Story kommt nur langsam in Schwung
– kein einstellbarer Schwierigkeitsgrad (zu leicht)

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