Adventure

[Review] FoxTail – Liebe auf den ersten Blick / #IndieMärz

FoxTail (Early Access)

Genre: Point’n’Click Adventure, Indie
Plattform: PC [Steam, GoG]
Erscheinungsdatum: 1. März 2018
Entwickler: Gingertips Game Studio
Publisher: Gingertips Game Studio
Sprache: Deutsch, Englisch, Russisch, Ukrainisch [Schrift]
Preis: 5,99€

Hier geht’s zum Spiel…


Sommer auf dem Land

FoxTail beginnt ganz unscheinbar damit, dass Protagonistin Leah ihre Oma auf dem Land besuchen will. In einer von humanoiden Fuchswesen bevölkerten Welt lebt sie eigentlich in der Stadt bei ihrer Familie – über die man im ersten Kapitel, das bereits auf Steam und GoG verfügbar ist, leider nicht besonders viel erfährt. Viel mehr konzentriert sich das Spiel stark auf die enge Bindung zwischen Leah und ihren Großeltern – ihrer Großmutter, die sie liebevoll ‚Mandarinchen‘ ruft, und ihren leider längst verstorbenen Großvater, der schon immer ihr Held gewesen ist. Gemeinsam mit Leah steigen wir an einem verlassenen, winzig kleinen Bahnhof mitten im Wald aus dem Zug und fühlen uns sofort verloren. Ein Tutorial, wie wir Leah nun sicher zu ihrer Großmutter geleiten können, die irgendwo allein in diesem Wald leben soll, gibt es nicht. Braucht es auch nicht, denn mit ein paar verlorenen Klicks haben wir die Steuerung bald verinnerlicht – und wir verlassen bald mit einem Pfeil am äußeren Bildschirmrand, in den sich unser Cursor verwandelt, die allererste Station unserer Reise.

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© Gingertips Game Studio

Das Haus unserer Großmutter zu finden, dauert nicht allzu lange, also immer der Nase nach. Sofort greift die angenehme Ruhe, die von den Farben, der Entschleunigung und dem schönen Soundtrack noch unterstützt werden, auf uns über. Plötzlich machen wir uns gar keine Sorgen mehr darum, ob wir uns in diesem Wald verirren oder nicht – denn gefährlich wirkt das alles hier nicht. Das schöne, bunte und von Blumen umrankte Haus taucht beinahe wie von selbst am Rande einer Lichtung auf – und ein paar Sekunden später können wir Oma in die Arme fallen. Die Reise war lang und wir haben einander sehr lange nicht gesehen, also bittet uns Oma kurzerhand, etwas Tee von ihrem schwerhörigen, grummeligen Nachbarn Korsak zu holen, um Leahs Ankunft zu feiern. Dass das Beschaffen des Tees jedoch zum eigentlichen Problem des ersten Kapitels werden würde, konnte allerdings keiner ahnen.

FoxTail glänzt mit seinen wahnsinnig guten, natürlichen Dialogen (die es übrigens schon jetzt komplett auf Deutsch gibt!) und individuell gestalteten Charakteren, die sich je durch ihre Art sich zu bewegen oder zu sprechen von einander unterscheiden. Die überraschend detaillierte Mimik der Figuren und die angenehmen, wenig theatralischen Texte, die ihre Sprechbewegungen begleiten, haben mich jedoch schmerzlich eine Sprachausgabe des Spiels vermissen lassen. Nicht etwa, weil ich mit dem Lesen nicht klar kam; ich hatte vielmehr das Gefühl, dass eine Synchronisation fehlte, wo sie eigentlich hätte sein sollen – und war drauf und dran mir die Dialoge laut vorzulesen. Ich bin mir sehr sicher, dass eine Sprachausgabe mit talentierten Sprechern FoxTail noch besser machen würde, als es in meinen Augen ohnehin schon ist.

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© Gingertips Game Studio


Ein Adventure-Game der alten Schule

Auf ihrer Website präsentieren Gingertips Studios FoxTail als ein Point’n’Click-Adventure, das sich stark an den Mechaniken beliebter Spiele aus den 90er Jahren hat inspirieren lassen und in ihrer Tradition stehen möchte: Monkey Island, King’s Quest oder Legend of Kyrandia nennen die Entwickler hier als ihre großen Vorbilder. Und tatsächlich: FoxTail steht den genannten Titeln meiner Meinung nach in nichts nach. Die liebevolle Gestaltung, der tolle Soundtrack, die detailreichen Animationen, der gute, unaufdringliche Humor – und allem voran die kniffligen Rätsel und Aufgaben machen FoxTail zu einem hervorragenden Point’n’Click-Adventure, das seinen geistigen Vorgängern sehr wohl das Wasser reich kann. Auch wenn ich an dieser Stelle betonen muss, dass ich über die Story an sich noch nicht allzu viel sagen kann, denn im Augenblick ist nur das erste Kapitel des Spiels spielbar. Doch bereits jetzt konnte ich sehen, dass das Spiel nicht nur eine faszinierende Lore besitzt, sondern auch auf eine fantastische (als Genre-Begriff), mysteriöse und spannende Story zusteuert, wie sie ganz nach meinem Geschmack ist. Wie das Endergebnis letztlich ausfallen wird, bleibt jedoch erst noch abzuwarten.

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© Gingertips Game Studio

Das Gameplay in FoxTail gestaltet sich von der Oberfläche und der Steuerung her als sehr simpel: Mit einem Klick ins Bild bringen wir Leah dazu, sich entweder an gewünschte Stelle zu bewegen oder mit einem ausgewählten Objekt zu interagieren. Mehrere Optionen wie ein Objekt anzusehen, es zu benutzen oder mit ihm zu sprechen, wie man es aus anderen, größeren Adventures (Deponia etc.) gewöhnt ist, gibt es hier nicht. Es lohnt sich aber trotzdem, manche Objekte mehrmals anzuklicken, da Leah oft mehr als nur eine Sache zum gewählten Thema zu sagen hat. In der unteren Leiste des Bildschirms finden wir den Menübutton, die Auflistung unserer im Inventar verfügbaren Gegenstände und rechts – sobald wir es gefunden haben – das Tagebuch unseres Großvaters, das bald auch unser eigenes wird. Letzteres funktioniert im Rahmen der Möglichkeiten gleichzeitig wie ein Journal, in dem jeder Fortschritt notiert wird, und ein Questlog. Zwar wird nicht zwischen offenen und bereits abgeschlossenen Quests unterschieden, und man muss gründlich lesen, um zu sehen, welche Aufgaben noch zu bewältigen sind, aber dennoch bleiben die darin abgebildeten Texte eine große Hilfe, wenn man mal nicht weiterweiß.

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© Gingertips Game Studio

Und ich persönlich wusste ab einem gewissen Punkt im Spiel wirklich nicht mehr weiter. Ehe ich es mich versah hatte ich so viele Gegenstände eingesammelt, dass mich die Auswahl zu einem Großteil maßlos überforderte. Was sollte man schließlich mit einer Sammlung BonBons, einer blöden Blechdose, einer Karotte und einer Blaubeere schon groß anfangen? Wie komplex und gut durchdacht die Rätsel wirklich sind, konnte ich bei meinem ersten Spieldurchgang am eigenen Leib erfahren. Mehrmals bin ich für zehn, zwanzig oder sogar dreißig Minuten auf dem Schlauch gestanden, bevor ich rein durch Zufall die richtigen Objekte im Inventar oder in der Spielwelt miteinander kombiniert habe und mit dem wohl gewünschten ‚Aaah‘-Effekt meine Reise fortsetzen konnte. Klar hätte ich mir in diesen Momenten gewünscht, die Lösung des Rätsel würde sich nicht so willkürlich und zufällig anfühlen – doch wenn mich Deponia eines gelehrt hat, dann das Kreativität und Querdenken die wichtigsten Attribute eines Spielers sein müssen, der ein gutes Adventure-Spiel schlagen möchte. Ein bisschen Hilfestellung würde dem Spiel jedoch helfen, auch bei weniger geduldigen Abenteurern landen zu können.

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© Gingertips Game Studio


Wertung

Viel mehr als das, was schon gesagt wurde, gibt es zu FoxTail eigentlich nicht zu sagen. Die Steuerung ist simpel, die Rätsel aber dafür umso kniffliger. Das erste Kapitel, das andere Spieler mittlerweile in ca. einer Stunde geschafft haben, habe ich mehr als drei Stunden gebraucht, da ich an einigen Stellen so gehangen bin, dass ich einfach nicht mehr weiterkam. Wer von der Early Access des Indie-Adventures zum jetzigen Zeitpunkt eine bombastische und voll beladene Story erwartet, wird mit Sicherheit enttäuscht werden. Die Geschichte beginnt ganz unscheinbar – denn zunächst geht es nur darum, die Zutaten für den fehlenden Tee im Wald zu suchen. Dass daraus ein ausgewachsenes, lebensveränderndes Abenteuer werden würde, hätte nicht einmal Leah selbst erwartet. Das Potential für dieses Abenteuer ist schon da. Und alles, was ich von dem bunten, wunderhübschen, liebevoll detaillierten Spiel im ersten Akt bereits sehen durfte, hat mich absolut verliebt gemacht. FoxTail ist etwas besonderes. Es nimmt ein paar Formeln aus Spielen, die bereits 20, manche 30 Jahre alt sind und schafft daraus etwas Einzigartiges, etwas seltsam Befriedendes. Nach all dem Stress im Februar mit Praktikum, Prüfungen und der Beschäftigung mit großen, rasanten Spielen war FoxTail für mich wie Urlaub. Eine Welt, in die ich mich nur zu gern selbst hinein geträumt habe. Ich werde Leah bis zu unserem Wiedersehen im zweiten Kapitel auf jeden Fall vermissen. Und ich lege jedem ans Herz, der Point’n’Click-Adventures so liebt wie ich, dieser kleinen Indie-Perle, die zuzeit um nur knapp 6 Euro auf Steam und GoG zu haben ist, eine Chance zu geben. Over and Out.

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© Gingertips Game Studio

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© Gingertips Game Studio


Wertung: 97%

+ wunderschöne, detaillierte Pixelart / Animationen
+ sympathischer Hauptcharakter Leah
+ gut geschriebene, natürliche Dialoge
+ individuell ikonische Figuren
+ friedliche Atmosphäre
+ angenehmer Soundtrack
+ Steuerung leicht zu meistern
+ Schwierigkeitsgrad genau richtig


– Lösungen manchmal etwas willkürlich / zufällig
– Hilfestellung bei Nicht-Weiterkommen erwünscht
– eine Sprachausgabe würde das Spiel noch weiter aufwerten!

 

 

4 replies »

    • Es lohnt sich auf jeden Fall!
      Allerdings ist zurzeit nur das erste Kapitel draußen, weil sich das Spiel noch in der Early Access befindet. 🙂

      Wenn du aber ein tolles Point’n’Click suchst, kann ich dir folgende Titel empfehlen:
      Die beiden „Edna & Harvey“-Spiele (The Breakout (1. Teil) und Harveys neue Augen (2. Teil)) und „The Night of the Rabbit“ sind ganz tolle P&C-Spiele aus dem Hause Daedalic Entertainment, die auch Deponia produziert haben.

      Ein ganz tolles Spiel ist auch „The Inner World“ von Studio Fizbin und Headup Games! Da erschien erst vor kurzem der zweite Teil „The Inner World – The Last Wind Monk“ – auch sehr zu empfehlen!!!

      Alles Liebe,
      Goldfuchs

      Like

      • Die Edna uns Harvey Teile kenne ich 🙂 Bei diesen Spielen habe ich leider den Nachteil, dass ich sie in Gronkhs LPs bereits gesehen habe und die meisten Lösungswege und Storyinhalte kenne 😦 Ich werde sie trotzdem irgendwann spielen.

        The Inner World sagt mir auch was, da schaue ich bald Mal nach!

        Liebe Grüße

        Minako

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