Gamerlife

Die Sache mit den Lootboxen

Jeder, der die Medien in Bezug auf Games seit einer Weile beobachtet, wird bemerkt haben, dass sich der aktuelle Diskurs rund um das Thema Lootboxen dreht. Alles begann mit der Ankündigung des Entwicklerstudios Monolith Productions, in ihrem neuen Mittelerde: Schatten des Krieges solle es mit Echtgeld kaufbare Lootboxen geben, in denen hochwertige Spieleinhalte enthalten seien. Aber ist das nicht Glücksspiel?

 

Gerade im Bereich des Online Gamings sind Lootboxen schon länger ein Thema: Pay to win oder nicht? Eines der bekanntesten Beispiele für nicht-progressive Lootboxen ist der MOBA-Shooter Overwatch von Blizzard. Lootboxen können das ganze Jahr mit Echtgeld im Blizzard Shop oder im Spiel direkt erworben werden und enthalten vier zufällige kosmetische Items (Skins, Emotes, Highlight-Intros oder Sprays) für jeweils zufällige Helden. Zum Spielen werden diese Items in keiner Weise benötigt. Auch lassen sich die an Überraschungstüten aus den 90er Jahren erinnernden Boxen auch im normalen Spielverlauf erhalten: Jede Woche lassen sich 3 Lootboxen im Arcade-Modus freispielen, zusätzlich gibt es für jeden Level-Up eine weitere oben drauf. Ganz fair, wenn man bedenkt, dass das in der Woche etwa 16 – 20 neue Gegenstände sind.

 

lootboxoverwatch

© Blizzard

 

Kritisch wird es jedoch dann, wenn Ingame-Events die Gier der Kunden ankurbelt (ich gestehe mich schuldig). Dabei werden saisonal nicht nur neue Spielmodi veröffentlicht, die frischen Wind in das eigentliche Gameplay bringen und nur für einen begrenzten Zeitraum verfügbar sind, sondern auch jährlich neue Skins und Kosmetika mit sich bringen. Da wir auf die zufälligen Drops in den Boxen (RN-JESUS!) angewiesen sind, können wir plötzlich nicht genug Lootboxen bekommen. Wir können zwar den Skin unserer Wahl auch ingame mit Gold kaufen, doch dieses Gold können wir wiederum nicht im Shop bekommen, sondern lediglich aus Lootboxen erhalten – oder indem doppelte Kosmetika aus diesen automatisch für Gold verkauft werden. Natürlich sind die neuen Eventskins dann auch noch drei Mal so teuer als die alltäglichen „legendären“, die wir das ganze Jahr über erhalten können – und so findet sich jeder Spieler mindestens einmal in der Situation wieder, 5, 10 oder sogar 40 Euro hinzublättern, um den gewünschten Skin ZUFÄLLIG aus einer Box zu ziehen.

 

Frust und Fairness

Aus rein wirtschaftlicher Sicht handelt Blizzard an dieser Stelle vollkommen nachvollziehbar (und marketingtechnisch klug): Overwatch ist ein Vollpreis-Spiel, das neben dem Kaufpreis keine weiteren Kosten verursacht. Trotzdem arbeitet das Team stetig daran, neue Events, Skins, Spielmodi und sogar neue Helden in das Spiel einzubauen. Ein System, bei dem freiwillig Geld investiert werden kann, um Kosmetika zu erhalten und gleichzeitig den Entwickler zu unterstützen scheint in diesem Augenblick also fair. Schließlich lässt sich das jeweilige Objekt der Begierde auch mit genug Geduld und Spucke auch einfach so bekommen.

 

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© Blizzard

 

Aus Spieler bzw. Kundensicht erscheint das Zufallsprinzip mit der Zeit frustierend. Denn schließlich kann man Geld in Lootboxen investieren und im Grunde trotzdem leer ausgehen, indem man einfach nicht den legendären Skin erhält, den man möchte – oder nicht einmal einen seltenen. Mit einem Patch, der die Anzahl an doppelten Gegenständen vermindern sollte, um den Spielern die Möglichkeit zu geben, ihre Heldengalerie zu vervollständigen, nahm Blizzard den Spielern gleichzeitig die Möglichkeit, schnell Gold mit dem Verkauf der Doppelten anzuhäufen. Somit wird das Kaufen der Event-Skins fast unmöglich. Und hier greift wieder das psychologische Glücksspiel-Prinzip: Den Kunden nach 50 Nieten mit einem Gewinn zu belohnen, wird sie weiterhin dazu bringen, Lose zu kaufen und Geld zu investieren. Die USK und der EU-Jugendschutz PEGI haben allerdings erst gestern in einem Statement zugegeben, dass Lootboxen wie diese nicht unter Glücksspiel fallen, auch wenn sie dahingehend durchaus problematisch sind!

 

Mittelerde treibt es auf die Spitze

Schön und gut. Nicht jeder braucht unnötigen Schnickschnack wie Skins und niemand ist gezwungen, Geld dafür zu investieren – schließlich werden sie nicht benötigt, um das Spiel spielen zu können. Mit Mittelerde: Schatten des Krieges trieben es die Entwickler von Monolith Productions jedoch noch vor der Veröffentlichung etwas zu weit mit ihren Kunden: Das Singleplayer (!) Spiel startet mit happigen 60 Euro Ladenpreis, der Expansion-Pass für künftige DLCs kostet weitere 40! Euro, was allein 100 Euro ausmacht, möchte man das komplette Spielerlebnis haben. Zusätzlich dazu verlangen die Entwickler mit Echtgeld erhaltbares Gold für Lootboxen, in denen Orc-Gefolgsleute (und Verbrauchgegenstände enthalten sind) enthalten sind, die für das Vorankommen im Spiel wesentlich sein könnten. Es handelt sich hier um Spiel-Content, der zusätzlich zu 100 Euro in kleinen Päckchen hintennach geliefert wird. Wie bei Overwatch ist der Inhalt der Boxen zufällig, es können also epische Orcs oder aber normale Orcs enthalten sein. Wie bei Overwatch lassen sich die Boxen auch ohne Echtgeld-Investition mühsam erspielen, sodass sich ein leicht ermüdender Geist dazu hinreißen lassen könnte, Geld zu investieren.

Eigentlich sollten wir das nicht tun müssen, schließlich haben wir für ein Vollpreis-Singleplayer-Offline-Spiel gezahlt, das eigentlich jeden möglichen Inhalt bereits enthalten sollte. Dass Entwickler von etwas Leben müssen, ist nur verständlich. Schließlich stecken mehrere Jahre Arbeit in einem Spiel, das sich im ersten Jahr seiner Veröffentlichung vielleicht gut bezahlt macht, danach im Umsatz jedoch abnimmt, und die nächste Veröffentlichung braucht dann immer noch Zeit und Geld. Trotzdem, 100 Euro sind schon happig und Content in kleinen Überraschungspäckchen  zu verkaufen zeugt nicht von gutem Willen ihren Spielern gegenüber – hier herrscht keine Geldnot, hier herrscht Gier. Und die Kunden sind sicher bereit gemolken zu werden.

 

Diese Diashow benötigt JavaScript.

 

Doch die Entwickler und der Publisher haben ihre Rechnung nicht mit den Fans gemacht. Die Empörung ist letztlich so groß, dass viele das Spiel zum Start hin boykottieren, um eine solche Einstellung nicht zu unterstützen. Denken wir nur mal an CD Project RED mit ihrem grandiosen Witcher 3, die nicht nur 16 vollkommen kostenlose DLCs spendiert haben, sondern ihre Spieler mit zwei großen Erweiterungen zusätzlich mit bis zu 50 weiteren Stunden Spielzeit versorgten. Für gute Arbeit zahlen wir gern, doch offensichtliche Gier kann schnell zu einer ungewollten Reaktion führen: Mittelerde: Schatten des Krieges hat es als AAA-Titel 4 Tage nach Veröffentlichung nicht in die Topseller bei Steam geschafft. Und das spricht ganz für sich.

 

Was haltet ihr davon? Empfindet ihr mit Echtgeld bezahlbare Lootboxen in Ordnung? Würdet ihr sie kaufen und wenn ja, warum? Eure Meinung würde mich brennend interessieren!

2 replies »

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