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[Review] Pokémon Ultrasonne & Ultramond – Lohnt sich die Rückkehr nach Alola?

Pokémon ist wohl eines der – wenn nicht sogar das! – Franchise, dass mich zur leidenschaftlichen Gamerin werden ließ. Bis heute habe ich jede einzelne Generation der Taschenmonster aktiv mitverfolgt und gespielt. Als ich jedoch hörte, dass der neue Teil der Reihe ein weiteres Mal in der Region Alola spielen soll, war ich zugegebenermaßen skeptisch. Was würde dieses Spiel bieten, was nicht im Vorgänger schon da gewesen ist? Hier findet ihr eure Antworten darauf!


Pokémon Ultrasonne & Ultramond

Genre: Abenteuer, Rollenspiel
Plattform: Nintendo 3DS
Erscheinungsdatum: 17. November 2017
Entwickler: Game Freak, Nintendo
Publisher: Nintendo, The Pokémon Company
Sprache: Deutsch [Schrift]
Preis: 39,99€

Hier geht’s zum Spiel…


Alter Wein in neuen Schläuchen

Um es gleich mal vorweg zu nehmen: Wer in Pokémon Ultrasonne und Ultramond etwas vollkommen Neues erwartet, der wird von den neuen Editionen höchstwahrscheinlich sehr enttäuscht sein. Zunächst ist das Rezept, nach dem die Editionen funktionieren, das selbe, das wir auch schon vor rund 20 Jahren auf unseren Handheld-Bildschirmen zu sehen bekamen. Nur, dass wir diesmal kein Pokémon-Meister werden wollen, sondern mit unseren Taschenmonstern die vier großen Inseln Alolas bereisen, um uns zu beweisen. Dazu bekommen wir ein niedliches Starterpokémon zur Seite gestellt und ein paar Pokébälle in die Hand gedrückt – und schon geht es los. Im hohen Gras können wir wilde Pokémon finden, die wir mit unserem eigenen Pokémon bekämpfen und anschließend (wenn wir wollen) fangen können. Mit den insgesamt sechs Pokémon, die wir in unserem aktuellen Team behalten können, machen wir uns dann auf den Weg, die einzelnen Inselprüfungen zu bestehen, Herrscher-Pokémon herauszufordern und im Anschluss an alle abgeschlossenen Prüfungen, den Inselkönig der jeweiligen Insel herauszufordern.

Am Grundprinzip, das wir bereits aus den Vorgängern Pokémon Sonne und Mond kennen, hat sich also im Grunde nicht viel geändert. Wir kämpfen uns zu Beginn durch den selben, bereits im Vorfeld mehrfach kritisierten Dialog- und Cutscene-Dschungel, gehen die selbe Route ab und fangen (zum Großteil) die selben Pokémon, die wir bereits letztes Jahr gefangen haben. Für jemanden, der Alola so sehr ausgereizt hat wie ich, fühlten sich die ersten 5 – 8 Spielstunden wie ein nicht enden wollendes Déjà-vu an.


Die kleine Prise Extra

Wer sich trotz der allzu auffälligen Ähnlichkeiten in den ersten paar Stunden nicht abschrecken lässt, wird schnell erkennen, dass sich sehr wohl so einiges geändert hat: hier und da ist ein Weg anders, statt der Zygarde-Zellen suchen wir jetzt goldene Sticker, an der ein oder anderen Ecke begrüßt uns ein freundliches Pokémon und will spielen. Generell scheint man in diesem Teil – mehr noch als im Falle der Vorgänger – darum bemüht gewesen zu sein, dem Spieler mit möglichst vielen kleinen Gimmicks und Spielereien ein abwechslungsreiches Spielgefühl zu liefern. Dazugekommen sind beispielsweise das Rotom-Roulette, der Pokémon Fotoclub und das interaktive Mantax-Surfen. Im Rotom-Roulette erhalten wir in regelmäßigen Abständen die Möglichkeit, Bons zu gewinnen, die uns einen passiven Boost auf die EP, die Fangrate, das Erscheinen der Pokémon, das Ansteigen der Freundschaft und vieles mehr gewähren. Generell scheint das Rotom, dass einerseits unsere Karte und unser Pokédex, andererseits aber auch ein eigenständiges (sprechendes) Pokémon ist, in diesem Teil wesentlich aktiver am Spielgeschehen beteiligt. Manchmal finden wir uns sogar in ein Gespräch mit ihm verwickelt.

Im Pokémon Fotoclub auf der ersten Insel Mele-Mele können wir mit unseren liebsten Lieblingspokémon zusammen lustige, niedliche oder coole Fotos schießen lassen. Dazu suchen wir uns ein Pokémon aus unserem Team aus und geben ihm vor, ob es sich kämpferisch, niedlich oder normal vor der Kamera verhalten soll. Das selbe gilt auch für unseren Trainer. Im Anschluss daran können wir den Auslöser betätigen und erhalten automatisch gleich mehrere, hintereinander geschossene Fotos, aus denen wir uns die besten heraussuchen können. Im Nachhinein können wir die Bilder dann ganz nach unseren Belieben mit Stickern, Rahmen und anderen Gimmicks gestalten und verschönern. Eines der Bilder können wir dann im Online-Modus hochladen – es wird dann in unserem Festival Plaza für andere Spieler sichtbar sein.

Eines der wohl spannendsten Mini-Spiele der neuen Pokémon-Editionen ist das Mantax-Surfen, auf das die Entwickler bereits im Vorfeld besonders stolz waren. Bewegen wir uns im Spielverlauf zwischen den einzelnen Inseln auf unserem Mantax hin- und her, können wir mit ihm gemeinsam auf den Wellen reiten. Wenn wir die Welle rauf und runter fahren, bauen wir eine gewisse Geschwindigkeit auf, mit der sich dann am Rand der Welle hohe und spektakuläre Sprünge ausführen lassen. Je schneller wir sind, desto höher fliegen wir auch. Mit den richtigen Bewegungen unseres linken Joysticks kann unser Mantax dann im Sprung die spektakulärsten Saltos schlagen. Je mehr Saltos wir hintereinander schaffen, desto mehr Punkte erhalten wird. Aber Vorsicht: Schaffen wir es nicht, die letzte Luftrolle vor seiner Landung noch abzuschließen, wird Mantax von der Welle verschluckt und wir verlieren wertvolle Zeit. Es gilt also, die Saltos gut zu timen. Die Punkte werden am Schluss des Mini-Spiels in sogenannte Gischt-Punkte umgerechnet, für die wir uns am Strand der jeweiligen Insel Belohnungen abholen können.


Der erneute Kampf um die Ultrabestien

Während ich ganz froh war, dass das meiner Meinung nach ziemlich peinliche Team Skull nur in den ersten paar Spielstunden ein paar Randauftritte zu verzeichnen hatte, war ich definitiv erleichtert, als sie bald darauf lang ersehnte Verstärkung in Coolness und Bosheit erhielten: Team Rainbow Rocket. Oberbösewicht Giovanni hat nach 13 Jahren Urlaub nämlich endlich wieder eine große Rolle im Spielgeschehen. Mit seiner neuen Mission, die Welt mithilfe der Ultrabestien seinem Willen zu unterwerfen, kehrt er gestärkt in die Welt der Pokémon zurück. Sein altes „Team Rocket“ kehrt ebenfalls aus der Versenkung wieder und hat diesmal ordentlich Verstärkung im Gepäck: Unterstützt wird er nämlich von den Bossen anderer Teams, die in den Vorgängerteilen zu Sonne und Mond die wesentliche Antagonisten-Rolle einnahmen. Adrian (Team Aqua), Marc (Team Magma), Zyrus (Team Galaktik), G-Cis (Team Plasma) und Flordelis (Team Flare) stehen Giovanni im Kampf zur Seite und gemeinsam bilden sie das neue „Team Rainbow Rocket“. Ein absolut gelungenes Comeback des wohl größten Superschurken der Pokémon-Geschichte.

Eine weitere Partei, die im Spiel eine relativ große Rolle spielt, ist das Ultraforschungsteam. Die vier Forscher erkennt man leicht an ihren übertrieben futuristischen Outfits und den seltsamen Brillen – sie kommen aus einer Welt jenseits der von Team Skull geöffneten Ultrapforten, also aus einer anderen Dimension, und sind nach Alola gekommen, um sich diese, ihnen fremde Dimension unter die Lupe zu nehmen. Dann ist da aber auch noch die Sache mit Ultrabestie Necrozma, die nie genug Licht bekommen kann und sich daher die Legenden-Pokémon Lunala und Solgaleo einverleibt, um die nötige Energie zum Leben zu bekommen. Dazu werde ich allerdings nicht ausschweifend werden – den Umfang der Story, der den der Vorgänger fast um die Hälfte übersteigt, sollte jeder selbst erfahren. Während ich finde, dass die Story gerade am Anfang viel zu lange noch den alten, bereits bekannten Pfaden folgt, finde ich die ab der Hälfte des Spiels entstehende neue Geschichte definitiv gelungen. Ich bin zwar kein großer Freund der Ultrabestien – ich finde sie nicht nur hässlich und zu übermächtig, sondern auch fehl am Platz in der Welt der Pokémon -, doch der Ark um Necrozma und das verschlungene Licht hatte definitiv seine filmreifen Momente.

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© Game Freak, Nintendo


Zielgruppen-Dilemma

Ein großes Manko, das ich an den Alola-Teilen (Sonne und Mond eingeschlossen) finden kann, ist dass sich die Zielgruppe zuletzt sehr stark auf jüngere Kinder versteift. Ich verstehe, dass die niedlichen und coolen Pokémon gerade in einer Altersgruppe zwischen 6 und 12 besonders gut ankommen, doch Nintendo und Game Freak sollten nicht vergessen, dass viele – inzwischen – Erwachsene Spieler ebenfalls noch immer ein großes Interesse an den Spielen haben. Dabei geht es mir gar nicht unbedingt nur um die quitsch-bunten Grafiken und die Anime typischen Figuren mit den großen Augen: Es geht mir vor allem um den Schwierigkeitsgrad. Es zieht sich bis zum Schluss des Spiels durch, dass die meisten Trainer bloß 1 oder 2 Pokémon statt eines vollen Teams besitzen. Mithilfe des EP-Teilers, den man bereits zu Anfang bekommt, hat man die Gegner bald im Level überholt und das Spiel bietet kaum noch Herausforderung. Schaltet man den EP-Teiler aus, kann man diesem schnellen Fortschritt entgegenwirken, das ändert jedoch nichts daran, dass sich die Trainer-Kämpfe zu kurz und zu wenig ernsthaft anfühlen. Nicht nur die Inselkönige, auch die normalen Trainer und die Team Rüpel sollten alles in allem mehr und vor allem mehr unterschiedliche Pokémon besitzen – immerhin gibt es inzwischen über 800 verschiedene Pokémon! Etwas Ernsthaftigkeit würde der Gestaltung der Spiele also sowohl in Bezug auf das grafische Design als auch im Hinblick auf den Schwierigkeitsgrad gut tun. Die Story bewegt sich mit Ultrasonne und Ultramond auf jeden Fall schon in die richtige Richtung – düster und spannend, ohne dabei je die Kinderfreundlichkeit zu verlieren. Dieser schmale Grad ist schwer zu finden und aufrecht zu erhalten, aber ich bin zuversichtlich.

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© Game Freak, Nintendo


Wertung

Mit Pokémon Ultrasonne und Ultramond liefert Nintendo für das allseitsgeliebte Pokémon-Franchise einen soliden Abschluss auf der DS-Handheld-Generation. Man will in neue Gefilde aufbrechen und die Konsolen-Welt erobern. Für ihr letztes Spiel auf dem 3DS (bzw. 2DS) holen die Entwickler nochmal alles aus dem kleinen Ding heraus: Das Spiel strotzt vor kleinen und großen Neuerungen und einer Spielzeit trächtigen Story, einem großen Umfang an fangbarer Pokémon sowie neuen Ultrabestien. Rein technisch merkt man dem Handheld sein Alter jedoch einfach an; es kommt beispielsweise immer noch zu regelmäßigen Einbrüchen der Framerates, gerade im Kampf. Trotzdem sehen die beiden Editionen immer noch klasse aus, die Farben sind bunt und knallig, die Welt ist detailliert und liebevoll gestaltet und Ladezeiten sind trotz der geschickt platzierten Abschnitte kaum vorhanden. Bezogen auf die Gestaltung und auf diverse Gameplay-Entscheidungen würde ich mir wünschen, dass die Zielgruppe wieder etwas allgemeiner wird – die Figuren weniger kindlich, die Farben weniger knallig, die Mini-Spiele weniger kitschig, der Schwierigkeitsgrad weniger zum Gähnen. Das alles hat in den ersten drei bis vier Generationen schließlich auch wunderbar funktioniert. Wir wurden als Kinder mit Pokémon Rot, Blau, Gold und Silber auch nicht gerade in bunte Zuckerwatte gepackt. Vielleicht spricht da aber auch nur mein Nostalgie-Herz aus mir. Als „Remake“ ihrer Vorgänger Sonne und Mond empfinde ich die beiden neuen Editionen jedoch als verschwendetes Potential – sie sind quasi „Neuer Wein in alten Schläuchen“. Die ersten 10 Stunden unterscheidet sich die Story nur minimal von diesen. In älteren Generationen hat in so einem Fall eine einzige Edition gereicht, um alle Neuheiten in einem Spiel auf den Punkt zu bringen, ohne gleich eine ganz neue Geschichte entwerfen zu müssen (Siehe Editionen Gelb, Kristall, Smaragd, Platin, etc.). Zwei sind einfach übertrieben. Der wirklich spannende Teil rund um die Ultrapforten gehört definitiv vorgezogen, denn die paar kleinen Minispiele schaffen es nicht, Alola-Kenner ausreichend lange bei der Stange zu halten. Der Story-Umfang und die Neuerungen hätten definitiv Stoff für eine ganz neue Generation geboten. Für Spieler, die die vorherigen Editionen nicht kennen bieten Ultrasonne und Ultramond aber definitiv die wesentlich bessere, ergiebigere Alternative zum Einstieg in die siebte Generation.


Wertung: 78%

METACRITIC: 85%

+ erweiterter Storyumfang
+ spannende Story rund um Necrozma
+ viele Pokémon fangbar (auch legendäre)
+ bunte, wunderschöne Welt
+ viele kleine Gameplay-Neuerungen (Mantax-Surfen, etc.)


– zu lange zu parallel zu Sonne und Mond
– viel zu leicht
– Trainer immer nur 1-2 Pokémon
– Framerate-Einbrüche
– inzwischen viel zu kindlich
– hässliche neue Ultrabestien

Ich danke dem Team von NINTENDO für die Möglichkeit, Pokémon Ultrasonne offiziell testen zu dürfen!

 

5 replies »

  1. Ich liebe die Pokemon Spiele, besonders die Edition Omega Rubin war für mich der Höhepunkt der Serie aber mit Sonne & Mond hat die Reihe meiner Meinung gestrauchelt. 🙊
    Optisch sowie vom Aufbau & dem Setting fand ich die aktuellen Spielen sehr ansprechend ABER mir war das ganze etwas zu einsteigerfreundlich mit den endlosen Tutorials. 😅

    Ich hoffe das wird mit dem kommenden Spiel(en) für die Switch wieder besser. 🙊

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  2. Oh und das wichtigste habe ich nicht geschrieben. Äußerst lesenswerte Review, schön umfangreich aber auf das wichtigste zusammengefasst. 🙂

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    • Vielen lieben Dank!! 🙂
      Ich hoffe auch, dass die Serie mit den Möglichkeiten, die die Nintendo Switch bietet, nochmal einiges zulegt. Ich würde mich über ein Spiel im Umfang von PokémonXD freuen, das war super… und dann noch mit auf den Handheld übertragbare Pokémon! Sowas wäre cool!

      Alles Liebe,
      Goldfuchs!

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      • Nichts zu danken! 🙂

        Das wäre definitiv ne gute Idee wenn man sich an PokemonXD orientieren würde. Ich wäre auch einer kompletten Neuausrichtung der Reihe nicht abgeneigt. 🙃

        Liebe Grüße,
        DerStigler

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  3. Auch bei mir steht Pokémon ziemlich am Anfang meiner „Gamerkarriere“. Leider bin ich seit Sonne/Mond ziemlich raus und werde mir deshalb auf keinen Fall Ultrasonne/Ultramond zulegen. Finde es selbst sehr schade, aber ich kann mich irgendwie nie den positiven Reviews anschließen 😦 Mir fehlt das alte Flair, die beeindruckenden Geschichten, die liebevoll gestalteten Pokémon… Bei manchen Designs muss man heute echt den Kopf schütteln. Und das Inselfieber hat mich auch nie angesteckt. Für mich fühlt sich Ultrasonne/Ultramond ein bisschen an wie die Sims DLCs von EA, bei denen man 50 Euro für drei neue Möbelstücke hinblättert.
    Aber auch ich freue mich auf die Switch Version, selbst wenn ich keine eigene Konsole besitze :D. Ich hoffe, dass man sich da ein wenig auf die „alte“ Zeit besinnt, anstatt Minispiel um Minispiel einzubauen.

    Ansonsten sehr schöne Review 🙂

    Viele Grüße

    MinakosWelt

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